Viele junge Menschen gehen mit hohen Erwartungen an sich und ihren späteren Karriereweg ins Jurastudium. Das Berufsbild des Partners einer Großkanzlei bewegt mehr als es zugeben wollen (zumindest auch) dazu, diesen Studiengang zu wählen.
Bis zur Partnerschaft in einer Großkanzlei ist es allerdings ein weiter Weg. Nicht nur, dass das Studium an sich bereits eine Menge Lebenszeit und damit auch Geld in Anspruch nimmt, auch der Weg danach ist lang und beschwerlich. Und obwohl das eigentlich auch weithin bekannt ist, streben trotzdem viele weiter danach.
Woran liegt das?
Partner in einer Großkanzlei zu sein ist eine prestigeträchtige Vorstellung. Man hat mitunter bedeutende und auch über die juristischen Kreise hinaus bekannte Mandanten. Die Fälle die man bearbeitet, können umfangreich und wirklich spannend sein.
Großkanzleien bieten außerdem viele Fortbildungsmöglichkeiten, einen gewissen Nervenkitzen und eine Menge Stolz, wenn ein großer Fall erfolgreich abgeschlossen wird. Die Vorteile, die einem diese Arbeit als jungem motivierten Anwalt bietet, sind umfangreich.
Mal davon abgesehen, dass viele dieser Vorteile auch bei mittelständischen und Boutique Kanzleien existieren, wenn man weiß wo man hin möchte und entsprechend geschickt verhandelt und arbeitet, zahlt man für die Vorteile in einer Großkanzlei auch einen hohen Preis.
Nicht nur die Stundenanzahl ist gerade zu Anfang exorbitant hoch angesetzte, auch der Leistungsdruck ist immens. Die Partner einer Großkanzlei haben in der Regel denselben Weg hinter sich gebracht wie ihre Associates und erwarten dementsprechend mindestens den gleichen Einsatz, den sie damals gezeigt haben.
Komplizierte Hierarchiestruktur der Großkanzlei
Die Menge an Anwälten in diesen Sozietäten fördert die Unübersichtlichkeit und sorgt außerdem durch komplizierte Hierarchiestrukturen dafür, dass die Aufstiegschancen vermindert und teilweise auch unfair sind.
Im Gegensatz zu früher, gibt es heute nicht mehr nur Associates und Partner, sondern auch jegliche Art von Zwischenstufen oder auch alternative Karrierewegen, wie zum Beispiel den Counsel. Hier den Überblick zu behalten und bei anstehenden Beförderungen auch den richtigen Anwalt für eine Position zu finden ist nicht unbedingt einfach.
Die Karrierestufen und ihre Bezeichnungen zu kennen ist trotzdem, gerade für einen Einstieg, sehr wichtig. Weithin bekannt ist die Bezeichnung für Berufseinsteiger beziehungsweise Junganwälte, der Associate. Auch für diesen gibt es aber mittlerweile eine Fülle an Bezeichnungen, je nachdem in welchem Jahr und Stadium sich der jeweilige Anwalt in einer Großkanzlei befindet.
Anfang des Karrierewegs: Associate
Associates arbeiten überwiegend im Back-Office einer Großkanzlei. Je nachdem wie lange sie bereits bei einer Kanzlei arbeiten, werden sie auch First-, Second- oder Third-Year Associates genannt. In diesen Jahren besteht die Arbeit von Associates überwiegend aus Recherchearbeiten, Auswertungen oder dem Vorfertigen von Schriftsätzen. Wirklich eigenen Mandantenkontakt oder Verantwortung hat man in diesen Jahren aber nicht wirklich.
Trotzdem wird schon von den Junior Associates erwartet, dass sie ca. 60 – 80 Stunden die Woche arbeiten.
Je nachdem wie gut man sich anstellt kann man sich in dieser Zeit innerhalb des eigenen Teams oder auch der Praxis Gruppe bereits ein wenig Ansehen und Respekt erarbeiten, was nach einer gewissen Zeit dazu führt, dass man bei der nächsten Beförderung in Betracht gezogen werden könnte.
Senior Associate
Nach den ersten Jahren als Associate, bei Mitarbeitern mit einer Berufserfahrung von ca. drei bis sieben Jahren spricht man von Senior oder auch Managing Associates. Diese fangen bereits an, nicht nur im Back-Office zu arbeiten, sondern schon eigenständig kleinere Mandate zu betreuen und sich sozusagen ihre eigene Sozietät innerhalb einer Kanzlei aufzubauen. Auf dem Karriereweg in der Großkanzlei ist diese Phase sehr wichtig.
Auch ein Grund für einige junge Anwälte in eine Großkanzlei zu gehen, ist zunächst einmal erste Berufserfahrungen zu sammeln und eventuell Kontakte zu knüpfen. Viele Großkanzleien vertreten große Wirtschaftsunternehmen. Bei etwaigen Geschäftsreisen und wenn man als Senior Associate später mit zu Mandantengesprächen genommen wird, lernt man viele verschiedene Unternehmen kennen. Teilweise resultiert hieraus auch der Wunsch, nicht sein Leben lang in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten, sondern beispielsweise als Syndikusanwalt bei einem Unternehmen einzusteigen.
Gehalt Associate Großkanzlei
Das Einstiegsgehalt für Associates bei Großkanzleien liegt etwa zwischen 80.000€ – 130.000€. Dieses wird in der Regel Jahr für Jahr etwas aufgestockt. Je nachdem in welcher Kanzlei man anfängt, kann zusätzlich auch mit Boni gerechnet werden. Bedenkt man, dass man als Associate in einer Großkanzlei am unteren Ende seines Karrierewegs steht, hört sich das zunächst sehr gut an. Allerdings muss gerade in der Einstiegszeit für dieses Geld auch viel und hart gearbeitet werden.
Salary Partner
Der Salary Partner auch Local Partner, Junior Partner, Fixed Share Partner oder Assoziierter Partner genannt, ist oft eine Vorstufe zum Equity Partner. Der Salary Partner ist allerdings weiterhin Angestellter einer Kanzlei.
Er ist demnach kein Gesellschafter einer Kanzlei (im Gegensatz zu Voll- oder Equity Partnern), wird also nicht beteiligt, sondern bekommt (zumindest in den allermeisten Fällen) ein festes Jahresgehalt plus Boni. Salary Partner haben deshalb auch kein, beziehungsweise wenig, Mitspracherecht wenn es um kanzleiinterne Entscheidungen geht.
Selten ist es auch möglich, dass Salary Partner bereits minimal an einer Kanzlei beteiligt werden. Das ist aber eher die Ausnahme und kommt nicht besonders oft vor. In Fällen in denen eine Beförderung zwar bevorsteht allerdings gerade kein entsprechender Platz vorhanden ist, kann aber mal auf dieses Modell zurückgegriffen werden.
Neben der juristischen Tätigkeit werden Salary Partner oft mit Verwaltungsaufgaben betraut. Auch um bereits zu schauen, ob sich der jeweilige Anwalt als Equity Partner eignet. Dazu zählen vor allem Personalführung und das Betreuen von neuen Junganwälten, die in die Kanzlei kommen. Je nachdem wo man sich als Senior Associate in der Kanzlei platziert hat und wie gut die Mandate laufen, nimmt die Verwaltungstätigkeit mehr oder weniger der Arbeitszeit ein.
Gerade in dieser Phase wird stundentechnisch von den meisten Anwälten mit am meisten gearbeitet. In dieser Zeit beginnt oft eine entscheidende Phase, was den weiteren Karriereweg betrifft. Im Idealfall wird einem nach ein paar Jahren der Salary Partnerschaft die Equity Partnerschaft angeboten.
Gehalt Salary Partner
Das Gehalt von Salary Partnern ist je nach Kanzlei und auch Dauer der vorherigen Tätigkeit sehr unterschiedlich. Mittlerweile kann aber gut und gerne mit Jahresgehältern von bis zu 170.000€ – 250.000€ gerechnet werden. Dazu kommen auch bei den Salary Partnern in der Regel noch Boni.
Equity Partner
Die Equity Partnerschaft bildet die Endstufe der Karriereleiter in einer Großkanzlei. Equity bedeutet auf deutsch übersetzten „Eigenkapital“. Equity Partner, auch Vollpartner oder Senior Partner genannt, sind die Gesellschafter einer Kanzlei. Sie bekommen kein festes Gehalt, sondern werden am Gewinn einer Kanzlei beteiligt.
Aufgrund der unternehmerischen Verantwortung eines Equity Partners, hat dieser neben den „juristischen“ Aufgaben in der Kanzlei auch viele Managementaufgaben. Hierzu gehören vor allem Personalmanagement, Nachwuchsförderung, Mandantenakquise und die Mitwirkung an den relevanten Entscheidungen was die Kanzleiführung betrifft. Die juristische Arbeit eines Equity Partners besteht neben der Kommunikation mit den wichtigsten Mandanten in der Führung beziehungsweise Leitung größerer Teams.
Der Equity Partner ist sozusagen die Endstufe des Aufstiegs in einer Kanzlei. Durchschnittlich wird eine Partnerschaft in einer Großkanzlei nach sieben bis acht Jahren angeboten, wenn sie angeboten wird.
Gehalt Partner Großkanzlei
Dadurch, dass „Partner“ kein festes Gehalt bekommen, sondern eben beteiligt werden, lässt sich eine genaue Gehaltsvorstellung schlecht abgeben. In Großkanzleien liegt der Schnitt des Jahreseinkommens eines Partner aber (weit) über 300.000€ plus Boni. Wie viel der jeweilige Partner dann tatsächlich in einer Großkanzlei bekommt ist aber so unterschiedlich, dass sich hier schlecht eine auch nur im Ansatz genaue Summe beziffern lässt.
Für die Berechnungen von Gehältern wurden mitunter Ansätzen, wie das Lockstep-System oder auch das Merit-Based-System zur Hand genommen. Während das Lockstep-System überwiegend darauf abzielt das Gehalt anhand von Alter und Rang eines Anwalts zu berechnen, ist das Merit-Based-System ein eher leistungsorientiertes Rechnungssystem. Meist wird aber mittlerweile eine Mischung dieser beiden verwandt um die Gehälter in einer Kanzlei zu bestimmen.
Counsel
Der Counsel gilt mittlerweile als „alternativer Karriereweg“ in einer Großkanzlei. In vielen Kanzleien war es lange Zeit so, dass ein Associate sich entweder hocharbeitet oder die Kanzlei ganz verlässt.
Diese Alternativen sind aber nicht mehr ganz zeitgemäß. Mittlerweile wird immer mehr auf die Position eines Counsels gesetzt. Der Counsel ist der Status eines dauerhaften Mitarbeiters der Kanzlei. Er erhält also keinen Anteil am Gewinn der Kanzlei, sondern ein festes Gehalt plus Bonus. Ein Mitarbeiter in der Counsel Position ist fest und zumindest auf eine gewisse Dauer an die Kanzlei gebunden, teilweise werden aber auch Mitarbeiter aus dieser Position noch zum Equity Partner.
Besonders attraktiv ist dieser Karriereweg für Anwälte, die sich die Option offen halten möchten in Teilzeit zu arbeiten oder die in einem Fachgebiet einer Großkanzlei arbeiten, welches nicht zum Hauptgeschäft gehört. Eine Position als Counsel wird im Normalfall frühestens nach dem fünften Jahr angeboten.
Gehaltserwartungen Counsel
Das Gehalt eines Counsels liegt über dem eines Associates, ist aber eben auch nicht so hoch wie die Gewinnbeteiligung, die ein Vollpartner bekommt. Was das betrifft entsprechen hier die Vorstellungen etwa denen eines Salary Partners, wobei sich das Gehalt eines Counsels, aufgrund des Verweilens und der weiteren Berufserfahrung im jeweiligen Rechtsgebiet mit der Zeit noch über dem Jahresgehalt eines Salary Partners ansiedeln kann. Gerechnet werden kann hier mit einem Gehalt von ca. 160.000€ – 260.000€.
Of Counsel:
Der Of Counsel ist keine Karrierestufe in einer Kanzlei sondern ein Titel, den Anwaltskanzleien externen „Beratern“ verleihen. Of Counsels helfen Kanzleien mit ihren Kontakten und Erfahrungswerten bei Entscheidungen oder auch der Mandantenbeschaffung.
Die Gehälter der höheren Karrierestufen in einer Großkanzlei sprechen wohl für sich. Trotzdem sollte man sich als Junganwalt gut überlegen, ob der Weg in eine Großkanzlei auch tatsächlich für einen individuell der richtige ist. Der Weg an die Spitze dieser Institutionen ist lang, kräftezehrend und hart umkämpft. Je nach Lebensplanung kann das früher oder später zu Problemen führen. Auch wenn es mittlerweile innerhalb von Großkanzleien alternative Karrierewege gibt, sei die Entscheidung auf die Partnerschaft in einer Großkanzlei hinzuarbeiten gut durchdacht. Die Alternativen zur Großkanzlei werden immer vielfältiger und attraktiver, weswegen man sie bei seiner Berufswahl keineswegs außer Acht lassen sollte.
Dieser Artikel wurde am 24. November 2022 erstellt. Er wurde am 28. September 2024 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.