Ist man als Jurist mit dem ersten Staatsexamen fertig, orientieren sich viele für die Zeit im Referendariat örtlich noch einmal neu. Die Referendariats Zeit ist eine tolle Möglichkeit noch einmal in eine andere Stadt zu gehen, ohne dass man auf lange Sicht großartig planen müsste.
Anders als zum Berufseinstieg hin, muss man noch keine langfristigen Entscheidungen treffen. Sogar für die einzelnen Stationen kann man theoretisch jeweils umziehen und sich überall dort nieder lassen wo man möchte.
Die Wahl des Bundeslandes hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Einer der wichtigsten Faktoren dürfte das „Gehalt“ sein. Dieses Gehalt nennt sich im Referendariat Unterhaltsbeihilfe uns stellt eben keine „Vergütung“ für die Arbeit als Rechtsreferendar dar, sondern soll für die Lebensgrundlage der Referendare sorgen. Diese „Beihilfe“ variiert in den einzelnen Bundesländern ungefähr zwischen 1.100 € und 1.600 € brutto.
Faktoren bei der Bundeslandauswahl
- Unterhaltsbeihilfe
- Wartezeit
- Ausgestaltung des Referendariats
- Ausgestaltung des zweiten Examens
- Ortsfaktor
Zusätzlich haben die Bundesländer sehr unterschiedliche Zuverdienstregelungen. Dazu sei allerdings gesagt, dass die Zahlen auf den ersten Blick zwar sehr weit auseinander liegen (in Hamburg ca. 560 € wohingegen beispielsweise Hessen keine Zuverdienstregelung hat), allerdings gibt es außerdem noch Regelungen in den einzelnen Bundesländern, wie viele Stunden neben dem Referendariat gearbeitet werden dürfen. Da sich das oft auf nicht mehr als acht bis zehn Stunden die Woche beläuft, kann der Betrag in der Regel sowieso nicht wirklich ausgeschöpft werden.
Gehalt in den Bundesländern
Bei den einzelnen Unterhaltsbeihilfen sind außerdem noch Unterschiede zu beachten. In Mecklenburg-Vorpommern kann man sich beispielsweise auf Widerruf verbeamten lassen, was die Unterhaltsbeihilfen anhebt. Auch sonst gibt es in den Bundesländern noch Besonderheiten, wie beispielsweise ein Ticket für den Nahverkehr, was zur Verfügung gestellt wird oder nicht.
Sachsen | 1.595,10 € |
Hessen | 1.523,13 € |
Berlin | 1.487,52 € |
Brandenburg | 1.473,26 € |
Bayern | 1.452,08 € |
Schleswig-Holstein | 1.394,79 € |
Rheinland-Pfalz | 1.354,86 € |
Baden-Württemberg | 1.352,51 € |
Bremen | 1.333,61 € |
Nordrhein-Westfalen | 1.325,17 € |
Sachsen-Anhalt | 1.311,75 € |
Thüringen | 1.300,00 € |
Niedersachsen | 1.291,63 € |
Saarland | 1.261,43 € |
Mecklenburg-Vorpommern | 1.195,00 € |
Hamburg | 1.192,51 € |
Neben der Unterhaltsbeihilfe bekommt man, je nach Vertragsverhandlungen auch eine Vergütung, wenn man in der Anwaltsstation in einer Kanzlei arbeitet. Hier werden allerdings auch wieder die Zuverdienstregelungen interessant. Mehr als man im jeweiligen Bundesland zusätzlich verdienen darf, kann (oder sollte) man von einer Kanzlei nicht verlangen.
Bei den Verhandlungen sollte man sowieso schauen, dass man auf ein gutes Gleichgewicht zwischen dem verhandelten Gehalt und der Zeit, die man eventuell tauchen gehen kann, achtet. Der Zusatzverdienst wird sonst entsprechend auf die Unterhaltsbeihilfe angerechnet.
Wartezeiten für Rechtsreferendare
Auch die Wartezeiten unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland stark. Besonderheiten finden sich hier zum Beispiel im Stadtstaat Berlin und dem OLG Bezirk Köln.
In Berlin werden zu jedem Einstellungstermin eine gewisse Anzahl an Plätzen nur an Absolventen mit über 10,00 Punkten vergeben. Der Rest wird zu 80 % an diejenigen vergeben, die in Berlin ihr erstes Staatsexamen gemacht oder dort aufgewachsen sind und zu 20 % an andere. Dementsprechend ergibt sich in Berlin für Referendare mit einer Note von unter 10,00 Punkten eine Wartezeit von ca. 4 Monaten, wenn man in Berlin das erste Staatsexamen gemacht hat, und ca. 16 Monaten, wenn man es außerhalb von Berlin gemacht hat.
Der OLG Bezirk Köln hingegen vergibt praktisch nur Plätze für sogenannte „Landeskinder“. Sie verlangen einen dauerhaften Bezug zum OLG Bezirk. Das wiederum bedeutet man muss mindestens seit zwei Jahren seinen Wohnsitz dort haben, dort aufgewachsen sein oder noch andere kompliziertere Kriterien erfüllen. Wie genau das möglich ist findet sich auf der Internetseite des OLG Köln.
Allgemeine Wartezeiten
Die geringsten Wartezeiten haben aktuell Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und die östlichen Bundesländer. Hier ergeben sich je nach Einstellungstermin praktisch keine Wartezeiten für einen Referendariats Platz. In Nordrhein-Westfalen liegt die aktuelle Wartezeit bei „normalen“ Noten bei ca. drei bis fünf Monaten.
In Hamburg sind die Wartezeiten in den letzten Jahren wieder um ein vielfaches gestiegen. Hier muss man mit unter 9,00 Punkten wieder mit einer Wartezeit von ca. zwei Jahren rechnen. Wenn es darum geht wann man sich wo bewirbt, ist es ratsam einmal bei der jeweiligen Stelle anzurufen und einmal nach den ganz aktuellen Wartezeiten zu fragen.
Für angehende Referendare, die kein überdurchschnittlich gutes Examen gemacht haben, ist die Wartezeit ein durchaus entscheidender Faktor. Wenn man es „eilig hat“ Volljurist zu werden und nicht noch einen LL.M. oder einen Doktortitel machen möchte, sollte man sich vorher dementsprechend informieren.
Ausgestaltung des Referendariats
Die Unterschiede im Referendariat an sich ergeben sich beispielsweise aus der Dauer der einzelnen Stationen. In Hamburg dauert die Zivilstation beispielsweise nur drei Monate, was im Verhältnis zu einigen anderen relativ wenig ist. Das liegt daran, dass Hamburg zwei Wahlstationen hat, was in den meisten anderen Bundesländern ebenfalls nicht so ist. Zusätzlich ergeben sich Unterschiede in den Angeboten von AGs und Kursen, die jeweils begleitend zum Referendariat angeboten werden. Wie genau in dieser Hinsicht die Ausgestaltungen in den Bundesländern sind und was es sonst noch für kleine Unterschiede gibt (wie zum Beispiel den Zugang zu juristischen Datenbanken oder online Lernsystemen) kann man sich auf den Seiten der einzelnen Bundesländer angucken. Die Angebote, Wartezeiten und andere Besonderheiten ändern sich des öfteren.
Aufbau des Assessorexamens
Genau wie die Wartezeiten ist auch die Ausgestaltung des Assessorexamens an sich sehr unterschiedlich. In den einzelnen Bundesländern werden hier zwischen sieben und neun Klausuren geschrieben. Neun Klausuren schreibt man in Bayern.
Auch die Anzahl an Klausuren in den einzelnen Rechtsgebieten unterscheidet sich. In Niedersachsen wird beispielsweise nur eine Klausur im Strafrecht geschrieben. Zusätzlich schreibt man hier im Gegensatz zu den anderen Bundesländern eine Klausur im selbstgewählten Wahlfach. In Berlin und Sachsen-Anhalt schreibt man dafür beispielsweise nur zwei Zivilrechtsklausuren.
Auch wie viel beispielsweise der Aktenvortrag in die Note fürs zweite Examen reinzählt ist unterschiedlich. Ob man diese Ausgestaltungen als Kriterium für die Wahl des Bundeslandes nehmen möchte, muss jeder für sich entscheiden. Auch die Durchfallquoten unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern, wobei die Zahlen hier auch immer wieder schwanken.
Neues Landesrecht im zweiten Staatsexamen
Wiederum eine Rolle spielt für einige Referendare die Tatsache, dass sie neues Landesrecht lernen müssen, wenn sie nach dem ersten Staatsexamen in ein anderes Bundesland wechseln. In Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen gibt es keine Klausuren im Assessorexamen, in denen das jeweilige Landesrecht abgeprüft wird. Wechselt man also hier hin, spart man sich diesen Aufwand, wobei man natürlich bei der Verwaltungsstation trotzdem mit dem neuen Landesrecht konfrontiert werden wird.
Der Ortsfaktor im Referendariat
Ein weiterer Faktor, den viele bei der Auswahl des Bundeslandes für ihre Refstation berücksichtigen, sind die Strecken zwischen den einzelnen Orten. Mit den Stadtstaaten hat man hier natürlich das Glück, dass man relativ genau weiß in welchem Gebiet man sich aufhalten wird. Zusätzlich sind hier auch die Wege zu den AGs oder anderen Kursen meist nicht besonders weit und auch die einzelnen Stationen, zumindest bei denen man es sich nicht aussuchen kann, liegen relativ nah beieinander.
Wie wählt man nun schlussendlich das richtige Bundesland?
Am Ende ist die Auswahl des richtigen Bundeslandes für das Referendariat wie so vieles in diesem Studium eine Abwägung. Im Normalfall kommen ohnehin für niemanden alle 16 Bundesländer in Betracht. Ist man also an dem Punkt angekommen, an dem man sich bewerben muss, sollte man sich
- die Faktoren einmal heraussuchen,
- aufschreiben was einem beim jeweiligen Punkt wichtig ist,
- sich über jedes in Frage kommende Bundesland zu jedem der Punkte einmal informieren
- und zuletzt nach den gesammelten Informationen eine Entscheidung treffen.
Alle Bundesländer haben ihre Vor- und Nachteile. Je nachdem ob man lieber schneller anfangen möchte oder eben doch lieber in der Lieblingsstadt bleiben möchte. Beispielsweise die Anwaltsstation kann man in der Regel auch in einem anderen Bundesland machen, als man das Ref ableistet. Wichtig ist nur, dass man vor dieser Entscheidung einmal die Rahmenbedingungen geklärt hat, damit man die Bewerbung im Nachhinein nicht bereut.
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Dieser Artikel wurde am 6. Dezember 2022 erstellt. Er wurde am 28. September 2024 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.