Zwei Prädikatsexamina sind das Ziel eines strebsamen Jurastudenten. Auf 9,00 oder mehr Punkte wird lange hingearbeitet und viel Zeit geopfert. Um ein Prädikatsexamen zu schreiben ist wichtig, sich spätestens zu Anfang der Examensvorbereitung mit dem Ziel auseinanderzusetzen und sich entsprechend darauf vorzubereiten. Das beinhaltet auch noch einmal von Null anzufangen. Auch wenn man fast alles im Idealfall schon einmal gehört haben sollte, ist die Art wie man etwas für das Examen lernen und verstehen sollte ein ganz andere. Viele berichten davon, dass sie im Repetitorium Sachen aus dem ersten Semester erst so richtig verstanden haben. Der Blick auf den Stoff ist aus diesem Winkel ein ganz anderer.
Deswegen sollte man sich am Anfang der Examensvorbereitung einmal etwas Zeit nehmen, um sich zu sammeln und zu überlegen, wie man sich strukturieren und aufstellen möchte.
Tipps für den Anfang
- bei null anfangen
- Lernplan aufstellen
- Ziel für Klausuren stecken
- Lerntechnik und -moral hinterfragen
- passenden Ausgleich suchen
- machbaren Alltagsrhythmus finden
Was ist überhaupt ein Prädikatsexamen?
Das Prädikatsexamen ist das wonach viele das ganz Jurastudium lang streben. Obwohl immer mehr Berufe auch ohne doppeltes Prädikatsexamen möglich sind, sind die 9,0 Punkte immer noch ein gern gesehener Teil einer Bewerbung. Bei einigen Kanzleien oder anderen Stellen, ist es sogar nach wie vor striktes Einstellungskriterium, obwohl diese Ansicht mittlerweile vielerorts kritisiert wird.
Ein Prädikatsexamen gibt es ab 9,0 Punkten. Die Note steht dabei für eine vollbefriedigende Leistung. Über 9,0 Punkte schreiben ca. 20 – 30 % aller Kandidaten, die das Staatsexamen bestehen. Wie viele es genau sind, ist sehr abhängig von Ort und Durchgang des Examens.
Klausuren schreiben
Schon am Anfang des Staatsexamens bekommt man gesagt, wie wichtig es ist, genügend Probeklausuren für die Examensklausuren zu schreiben. Auch im Repetitorium wird das weiterhin gepredigt. Aber wie viele sollte man tatsächlich schreiben?
Einige sagen 100 Klausuren sind der Schlüssel. Bei anderen ist wiederum 70 die magische Zahl. Aber angeblich soll es auch Leute gegeben haben, die mit nur 60 Probeklausuren ein Prädikatsexamen geschrieben haben.
Was ist nun also die goldene Zahl für ein Prädikatsexamen? Wie so oft, wenn es um das Lernen geht, ist das leider kaum pauschal zu beantworten. Was man mit Sicherheit sagen kann ist, dass je mehr Klausuren man schreibt, desto mehr Routine man entwickelt.
Vorteile von Klausuren für ein Prädikatsexamen
- Routine entwickeln
- Ausdruck und Grammatik
- Falllösungskompetenz
- Anwenden des Rechts
- Umgang mit dem Gesetz
Klausuren sind deshalb nicht nur für das Wissen und Lernen wichtig. Die Routine ist einer der Schlüssel für ein gutes Examen. Durch Routine lässt sich beispielsweise auch Prüfungsangst vorbeugen, die im Examen für viele Kandidaten eine große Rolle spielt.
Auch der Schreibstil (Ausdruck, Grammatik, etc.) werden durch Klausuren schreiben trainiert. Wer also bislang – im Studium oder auch schon zuvor – Probleme mit dem Schreiben an sich hatte, dem sei geraten ein paar mehr Klausuren zu schreiben, als Kandidaten, die keine Probleme damit haben.
Wie viel einem das Klausuren schreiben für das reine lernen bringt, ist wiederum abhängig vom Lerntyp. Lernt man beispielsweise nachhaltig gut dadurch, dass man etwas niederschreibt, bringen Klausuren einem mehr, als wenn einem etwas erklärt wird oder man selber erklärt.
Anwendung des bisherigen Wissens
Was Klausuren aber abseits vom materiellen Recht und dem Schreiben trainieren, sind die kleinen aber sehr wichtigen Fähigkeiten, die einen in der Examensklausur entscheidend nach vorne bringen können. Die Anwendung des bisher Gelernten, die Falllösungskompetenz und auch der Umgang mit dem Gesetz sind ein nicht zu unterschätzender Teil einer Examensklausur.
Genau aus diesem Grund ist es so wichtig die Klausuren in der Vorbereitung ernst zu nehmen und so viele es geht zu schreiben. Eine goldene Zahl gibt es dafür zwar nicht, allerdings sollten die Kompetenzen, die mit dem Klausurtraining einhergehen ein genügender Anreiz dafür sein, sich die fünf Stunden so oft es geht zu nehmen und zu schreiben.
Wiederholen bis es sitzt
Obwohl es immer wieder gesagt wird, finden trotzdem viele Studierenden nicht die richtige Methode um wirklich nachhaltig das Gelernte zu wiederholen und zu behalten.
Ob man sich die Karteikarten in verschiedene Fächer einteilt und sie dann in einem bestimmten Rhythmus wiederholt oder ob man online-tools findet, die einem dabei helfen ist eigentlich egal. Wichtig ist nur, wirklich zu wiederholen!
Wie oft man etwas wiederholen muss ist sowohl von Person zu Person als auch von Thema zu Thema sehr unterschiedlich. Einige Sachen muss man vielleicht nicht ganz so oft wiederholen, weil es bei einem Streit oder sonstigem mehr darum geht es zu verstehen. Andere wiederum muss man sich wieder und wieder durchlesen bis etwas wirklich sitzt.
Wichtig ist einfach sich wirklich auch darauf zu fokussieren und nicht am Anfang der Examensvorbereitung alles mögliche nacharbeiten und dafür mit der Wiederholung überhaupt nicht hinterher zu kommen.
Dann sollte man lieber etwas oberflächlicher und dafür nachhaltiger lernen. Denn egal wie viel Zeit man sich nimmt, um etwas durchzulesen und zu durchdringen, es bleibt nicht ewig erhalten, wenn man es sich nicht mehrmals anguckt.
Fokus auf das Ziel
Das Ziel ist nicht nur auf das Examen begrenzt. Insbesondere die erfreulichen Dinge, die mit dem hinter sich bringen beziehungsweise dem Bestehen des Examens verbunden sind, können einen positiven Anreiz in der Vorbereitung schaffen.
Zum einen liegt auf der Hand, dass man auf das 1. Examen hinarbeitet, weil das komplette Studium darauf ausgerichtet ist und man vorher keinen wirklichen Abschluss vorzuweisen hat. Das erleichternde Gefühl ist eines der Dinge von denen viele Kandidaten berichten, dass es ihnen beim Fokus und der Motivation sehr geholfen hat.
Ein weiteres Ziel benennen viele in der Entspannungsphase nach dem Staatsexamen. Ein schöner Urlaub, ein langer Heimbesuch oder auch nur ein Wochenende mit Freunden an dem man einfach mal nichts tut. Viele Monate vor dem Examen schon gibt es für viele Kandidaten bereits keine Phasen mehr in denen sie wirklich mal guten Gewissens gar nichts tun. Und genau das kann gut genutzt werden, um sich einen Anreiz zu schaffen.
Disziplin im Alltag
Die Betonung bei diesem Tipp liegt auf Alltag. Diesen sollte man so gestalten, dass man ihn auch wirklich wie geplant einhalten kann. Wie Repetitoren immer so schön zu sagen pflegen:
Das Examen ist ein Marathon und kein Sprint!
Wenn man es nicht schafft den Alltag und den am besten darauf abgestimmten Lernplan so einzuhalten, wie man ihn in groben Zügen plant, kann die Vorbereitung – und damit auch das Examen – massiv darunter leiden. Die Disziplin kann also auch nur soweit gehen, wie man einen für sich realistischen Alltags- und Lernplan aufstellt.
Selbst wenn man sich einen vollgepackten Plan macht und versucht diesen mithilfe einer Menge Disziplin durchzuhalten, kann man das oft nicht ewig. Die Disziplin hingegen für einen realistischen Alltag aufzubringen, der auch einen gewissen Ausgleich zum Lernen beinhaltet, sollte über einen langen Zeitraum möglich sein.
Falls man es mal nicht schafft diese Disziplin aufzubringen, sollte man seine Lernmethodik und die Menge an Stoff hinterfragen und etwas umstellen. Um sich selbst zu kontrollieren ist es für einige auch hilfreich sich die genauen Lernzeiten exakt aufzuschreiben. Über einen langen Zeitraum genügend Selbstkontrolle und -reflektion aufzubringen ist nicht besonders einfach weswegen es mitunter gut ist, dies von Zeit zu Zeit zu dokumentieren.
Motivation nicht verlieren
Eines der größten Probleme in der langen Zeit der Examensvorbereitung ist außerdem die Motivation zu behalten. Das schafft man vor allem mit
- entsprechenden Zielen,
- einem angepassten Lernalltag und
- dem richtigen Ausgleich.
Für die Frage der Motivation spielt ein vernünftiger und realistischer Alltagsplan eine fast do große Rolle wie der richtige Ausgleich. Gerade den Ausgleich unterschätzen viele Studierende am Anfang der Examensvorbereitung. Ein freier Kopf ist das allerwichtigste in dieser Zeit. Bei all dem Wissen, was man sich aneignet und auch behalten möchte braucht man einfach auch mal freie Zeit in der man es schafft nicht an das Examen zu denken.
Aufhören wenn es nicht mehr geht
Dazu gehört auch die eigene Belastungsgrenze zu kennen und sie nicht zu überschreiten. Es kann immer mal einen Tag geben, an dem man es einfach nicht schafft sich zu fokussieren und zu konzentrieren. Genau an diesen Tagen ist es wichtig auseinanderhalten zu können ob man einfach gerade keine Kraft mehr hat oder ob es eher Faulheit, Prokrastination, etc. ist, die einen aufhält. Wenn man wirklich keine Kraft mehr hat, sollte man es an diesem Tag auch dabei belassen und etwas anderes tun.
Häufen sich die Tage, weil man immer wieder eine Grenze überschreitet, kann es passieren, dass man in ein Loch fällt und aus diesem auch nicht mehr so schnell herauskommt. Das kostet am Ende deutlich mehr Zeit und Kraft als sich nach einem Tag wieder mit neuer Energie und Motivation an den Schreibtisch zu setzen und zu lernen.
Kühlen Kopf bewahren
Zuletzt sei noch gesagt, dass ein kühler Kopf – sowohl in der Examensvorbereitung als auch in den Prüfungen – deutlich mehr wert sein kann als viele denken. Durch Hektik und Unruhe passieren nicht nur in Prüfungen viele Fehler, die nicht unbedingt hätten sein müssen.
Einen kühlen Kopf zu bewahren ist allerdings leichter gesagt als getan.
Um das in den Klausuren zu schaffen bedarf es:
- Routine, im besten Falle auch praxisnahe Prüfungssituationen
- eine gute Vorbereitung, damit man sich auf das eigene Wissen verlassen kann
- einen guten Ausgleich, auch kurz vor und während der Prüfungen
- falls nötig Fokusübungen, die richtige Körperhaltung, etc.
All diese Dinge können wirklich helfen, um in der tatsächlichen Prüfungssituation nicht den Kopf zu verlieren und Fehler zu machen, die am Ende viele Punkte kosten können. Einigen Kandidaten hilft es sich kurz vor den Prüfungen ins Gedächtnis zu rufen, dass die Aufregung jetzt auch nichts mehr bringt und man sich nun sowieso nur noch auf sich selbst verlassen kann und sich „in das eigene Schicksal ergeben“ muss.
Mitunter können solche Gedanken hilfreich sein, um nicht in Panik zu verfallen, wenn man den Sachverhalt umdreht.
Bei einer entsprechenden Vorbereitung und dem richtigen Mindset steht einem Prädikatsexamen nichts mehr im Weg. Umgekehrt ist es aber vor allem heutzutage auch kein Genickbruch mehr, wenn es am Ende nicht ganz gereicht hat um die 9,00 Punkte zu bekommen. Ein wenig Glück und Pech schwingt in jeder juristischen Prüfung mit. Mit den vorangegangenen Tipps kann man aber so viel es geht selbst dazu beitragen, dass das VB in nicht allzu weiter Ferne liegt.
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Dieser Artikel wurde am 6. Januar 2023 erstellt. Er wurde am 28. September 2024 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.